Immer mehr unserer Kund*innen berichten in letzter Zeit nahezu alle das gleiche Phänomen – Arbeit wird zunehmend zum Störfaktor im Homeoffice. Was es damit auf sich hat und was Sie als Führungskraft bzw. Geschäftsführer*in dagegen tun können, erfahren Sie hier.
War Homeoffice anfangs für viele eine große Entlastung – deutlich weniger Ansteckungsgefahr – und Freude – keinen Arbeitsweg mehr, dafür Mittagsschlaf –, erweist es sich zunehmend als Belastung. Nicht nur für Eltern, die nun neben ihrer regulären Arbeit auch noch mit Homeschooling bzw. Kinderbespaßung beschäftigt sind. Auch kinderlose Arbeitnehmer*innen leiden im Homeoffice immer mehr, entweder unter der zu vielen Präsenz der Partner*in bzw. der WG-Mitbewohner*innen, oder unter der Isolation und dem mangelnden sozialen Austausch, sofern man alleine wohnt. Selbst eher introvertierte und stille Eigenbrötler*innen sehnen sich nach Gesellschaft. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass manche von uns nun fast schon ein ganzes Jahr zuhause sitzen dürfen bzw. müssen.
Hat man sich in den ersten Wochen im Homeoffice noch für Online-Meetings chic gemacht, pünktlich eingeloggt und aktiv an den Diskussionen teilgenommen, seine Aufgaben fristgerecht abgearbeitet und war während der normalen Arbeitszeiten auch immer erreichbar, ob per Telefon, Email oder sonstige Chatplattformen, hat sich diese Arbeitsmentalität mittlerweile stark geändert. Arbeit ist zunehmend zum Störfaktor im Homeoffice geworden. Klar will man gerade jetzt in dieser dunklen Jahreszeit die wenigen Sonnenstrahlen draußen bei einem Spaziergang genießen, mit Kind, Hund oder einer haushaltsfremden Person. Egal, ob man gerade eigentlich im Homeoffice ist oder frei hat. Man muss ja schließlich mal raus an die frische Luft. Ach, und Jogginganzug beim nächsten Meeting geht auch klar. Ist ja eh jeder zuhause und kann einen nicht riechen und auch nur oben rum sehen. Dass man mit Kindern zu Hause nicht alles pünktlich für die Arbeit schaffen kann, ist zwar für Arbeitgeber nachvollziehbar, wird aber gleichzeitig von der Arbeitnehmerseite als selbstverständlich eingefordert. Das betrifft ebenso die Nicht-Erreichbarkeit und Nicht-Absprache. Schließlich sei es ja unmöglich, im Homeoffice zu den regulären Arbeitszeiten permanent sein Telefon bei sich zu haben, geschweige denn, sich trotz oder gerade wegen der Distanz mit Vorgesetzten und Kollegen abzusprechen.
Wir wollen hier niemanden beschuldigen, weder Arbeitnehmer, die im Homeoffice feststecken, noch Arbeitgeber, die Corona-Maßnahmen oder die Politik. Es ist lediglich eine Bestandsaufnahme dessen, was wir gerade feststellen. Viele unserer Kunden – Führungskräfte, Geschäftsführerinnen und Unternehmensinhaberinnen – beklagen die momentane Situation und sind teilweise bestürzt über die genervte Reaktion der Mitarbeiter*innen im Homeoffice, wenn man sie gerade beim Wäscheaufhängen „stört“. Sagte man anfangs noch „Kind, geh raus und sei still, ich sitze gerade in einem wichtigen Online-Meeting!“, stöhnt man mittlerweile, wenn die Kalenderbenachrichtigung für einen anstehenden Video-Call einem aus dem jeder-Tag-ist-Sonntag-Blues aufschrecken lässt. Arbeit hat für manche im Homeoffice eben keinen Platz mehr.
Es macht keinen Sinn, nach Ursachen zu suchen und Verantwortliche zur Rechenschafft zu ziehen. Vielmehr ist es wichtig, als Führungskraft auf die vorliegende Situation adäquat zu reagieren. Aber wie?
Wir wollen nachfolgend verschiedene Optionen aufzeigen, was Sie als Führungskraft tun können, um mit der steigenden privaten Belastung, die Homeoffice in der aktuellen Lage mit sich zieht, und der damit einhergehenden sinkenden beruflichen Leistungsbereitschaft und dem ebenso sinkenden Leistungsvermögen trotzdem erfolgreich umzugehen.
1. Bedarf ermitteln
Schritt eins sollte sein, den aktuellen Bedarf für das gerade angebrochene Jahr 2021 zu ermitteln. Was liegt an Arbeitspaketen vor, was steht in den Auftragsbüchern, welche Projekte laufen gerade, müssen fertiggestellt werden oder werden in absehbarer Zeit starten? Welcher Aufwand ist mit dem Tagesgeschäft und den Projekten verbunden? Was fällt aufgrund der Pandemie und Homeoffice zusätzlich an Arbeit an bzw. was fällt weg?
Die Klärung dieser Fragen hilft Ihnen dabei, den Bedarf an Arbeitsstunden zu ermitteln. Haben Sie nun eine mehr oder weniger konkrete Vorstellung dessen, wie viele Personal Sie zur Bewerkstelligung der anfallenden Aufgaben benötigen, geht es weiter mit Schritt zwei.
2 Kapazitäten prüfen
Wenn Sie nun also wissen, was Sie brauchen, ist die nächste Frage: Was haben Sie? Wer Ihrer Mitarbeiter*innen steht für wie viele Stunden pro Tag/ Woche zur Verfügung? Nicht theoretisch, sondern wirklich praktisch.
Um dies zu klären, ist eine transparente und klare Kommunikation mit Ihren Mitarbeiter*innen unabdingbar. Dabei hilft Ihnen das bewährte, von uns entwickelte KLARA-Prinzip. Kommuniziere Sie klar, lösungsorientiert, achtsam, respektvoll und anpassungs-konsequent. Zeigen Sie Verständnis für die Situation Ihrer Mitarbeiter*innen, aber machen Sie auch deutlich, in welcher Lage Sie sich als Führungskraft befinden und was Ihre Aufgabe ist - nämlich Mitarbeiterinnen so zu koordinieren, dass die Arbeit erledigt bzw. die Unternehmensziele erreicht werden. Dann bitten Sie Ihre Mitarbeiter*innen um eine ehrliche und realistische Einschätzung ihrer Kapazitäten. Fragen Sie, was Sie als Führungskraft tun können, um das Leistungsvermögen zu unterstützen ggf. auch zu erhöhen. Nehmen Sie Ängste, aber erinnern Sie gleichzeitig an die Pflichten einer Arbeitnehmer*in.
Eine solche Abstimmung beruht auf gegenseitigem Vertrauen. Kommunizieren Sie das auch. Mit der Frage „Kann ich mich auf Sie verlassen?“ fordern Sie nicht nur Verlässlichkeit ein, sondern zeigen auch Ihr Vertrauen in die Mitarbeiter*in.
Wichtig zu erwähnen ist, dass diese Gespräche unter vier Augen stattfinden sollten. Ein persönliches und individuelles Gespräch schafft Vertrauen und verhindert gleichzeitig Missgunst und Getratsche unter den Kollegen.
Haben Sie nun von Ihren Mitarbeiter*innen die geschätzten Kapazitäten erfragt, vergleichen Sie diese gerne mit Ihren Erfahrungswerten der letzten Wochen/ Monate und legen dann realistische Werte fest.
3 Mögliche Lösungen
Im Grunde gibt es drei Szenarien:
a) Kapazität = Bedarf
Prima. Sie müssen nichts tun, außer dafür zu sorgen, dass Ihre Mitarbeiter*innen ihre Arbeitsmoral wieder zurückgewinnen. D.h. ein gepflegtes Erscheinungsbild bei Online-Meetings, feste Zeiten der Erreichbarkeit, klare Absprachen sowie fristgerechte Lieferung der Leistung.
b) Kapazität > Bedarf
Entweder Sie gönnen sich allen mehr Freizeit oder aber nutzen die freien Kapazitäten für neue Ideen und Projekte bzw. packen endlich mal das an, wofür man sonst im trubeligen Arbeitsalltag nie Zeit hat. Ansonsten gilt gleiches wie oben, appellieren Sie an eine professionelle Arbeitsmoral.
c) Kapazität < Bedarf
In dieser Situation befinden sich tatsächlich viele unserer Kunden. Zumindest diejenigen, bei denen überwiegend im Homeoffice gearbeitet wird. Wie kann nun in diesem Szenario agiert werden? Aus unserer Sicht gibt es vier Optionen:
1. Raus aus dem Homeoffice, zurück ins Büro
Die wohl einfachste und naheliegendste Option ist, diejenigen Mitarbeiter*innen, denen es möglich ist, wieder zurück ins Büro zu ordern. Natürlich nur unter Einhaltung der aktuellen Hygienemaßnahmen und sofern es die Richtlinien erlauben bzw. Büroarbeit nicht mehr unerwünscht ist. Zusätzlich können durch unterschiedliche Formen von „Schichtbetrieb“ gleichzeitige Präsenzzeiten entzerrt werden. Die Pflicht zur Anwesenheit steigert zumindest bei den Bürogänger*innen das Leistungsvermögen. Psychologisch hat das aber auch Wirkung auf diejenigen, die weiterhin im Homeoffice bleiben. Die Arbeitsmoral steigt bei allen.
2. Aufträge aufschieben bzw. keine neuen mehr annehmen
Eine andere Option wäre es, sofern sich das Unternehmen dies finanziell und strategisch leisten kann, bestehende Aufträge aufzuschieben bzw. keine neuen mehr anzunehmen oder lediglich unter Angaben bestimmter Wartezeiten. Es wird manche Unternehmen geben, die sich das erlauben können oder verständnisvolle Geschäftspartner/ Kunden haben, für die meisten wird dies aber eher nicht der Fall sein.
3. Überbrückung mit Leiharbeiter*innen
Option drei ist, das kommende Jahr mit Leiharbeiter*innen zu überbrücken. Es könnte jedoch schwierig werden, auf die Schnelle qualifizierte Leiharbeiter*innen zu finden. Außerdem ist es eine Frage der Finanzierung. Nichtsdestotrotz sind manchen Unternehmen vertraglich die Hände gebunden und müssen liefern, egal zu welchem Preis. Andernfalls drohen Sanktionen.
4. Neueinstellungen
Die letzte Option, die sich auftut, ist es, selbst neues Personal zu rekrutieren. Das ist in der Regel kostspielig und langwierig, und sollte tatsächlich nur gemacht werden, wenn auch über den Zeitraum von einem Jahr hinaus das gesuchte Personal zu beschäftigen ist.
Wie aber sollen Sie sich nun entscheiden? Schauen Sie sich hierzu unser Video „Besser Entscheiden“ an, wo wir das Entscheidungsdreieck nach DDO vorstellen.
Corona mal beiseite, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob eine Mitarbeiter*in überhaupt für Homeoffice geeignet ist. Nicht jede*r kann oder will. Zwei Aspekte, die es für Homeoffice-Kompatibilität zu prüfen gilt, ist erstens das Arbeitsumfeld - d.h. sind geeignete Räumlichkeiten mit dem benötigten Arbeitsequipment und ausreichender Ruhe vorhanden? - und zweitens die individuelle Persönlichkeit der Mitarbeiter*in. Um Letzteres zu ermitteln, haben wir von DDO einen kurzen Fragebogen nach psychologischen Standards entwickelt, den Sie gerne bei uns erwerben können. Schreiben Sie uns dazu gerne über das Kontaktformular an.
Ganz gleich in welchem Szenario Sie sich befinden und für welche Lösung (oder Kombination aus den Lösungsansätzen) Sie sich entscheiden, relevant ist, dass Sie Ihren Mitarbeiter*innen respektvoll gegenübertreten, transparent den Sachverhalt darlegen und ganz klar Ihre Forderungen, Wünsche und Vorhaben äußern.